6.) Fotografie-Grundlagen

Die hier aufgeführten Erklärungen sind mithilfe meines eigenen Wissens und Erfahrungen entstanden und könnten für den einen oder anderen Fotografenanfänger erstmal relativ kompliziert klingen.
Mache dir aber bitte keine Sorgen, falls du nicht jedes Thema vollständig oder sogar gar nicht verstanden haben solltest. 
Alles braucht seine Zeit.

Am besten ist es zwar so viel, wie möglich aus den folgenden Erklärungen mitzunehmen, jedoch bringt dieses Wissen nur etwas, wenn man das Gelernte anschließend mit seiner eigenen Kamera ausprobiert und mit den Einstellungen herumexperimentiert. So lernst du bestimmt schon bald das Zusammenspiel zwischen Verschlusszeit, Blende und ISO kennen und weißt, wie du damit umgehen musst.

Und nun viel Spaß mit diesem (neuen) Wissen beim Fotografieren! :)
30
Die 30 steht für 1/30s, was die Verschlusszeit beschreibt. 30 Sekunden würden so dargestellt werden: 30''
9.0
Die 9.0 (eigentlich) f/9.0 zeigt die hier eingestellte Blendenzahl an.
200
Den ISO-Wert habe ich für dieses Foto auf 200 gesetzt.
16
Mithilfe dieser Zahl wird aufgezeigt, wie viele Serienbilder noch gemacht werden können, bevor der interne Speicher voll ist und sich somit die Serienbildgeschwindigkeit verlangsamt.

Diese Zahl und auch der Akkuzustand auf der linken Seite sind nur kleine zusätzliche Infos. Sie müssen nicht unbedingt bei jeder Kamera im Sucherbild angezeigt werden.
Der von mir gewählte Schärfe- / Fokus-Punkt liegt direkt auf der Blüte (in diesem Fall oben rechts).

Da ich in den einzelnen Themen auch noch auf die Hintergründe eingegangen bin, um die Logik, die dahinter steckt zu verdeutlichen, kann man sich besonders als Anfänger niemals gleich alles merken. 
Darum habe ich extra eine kleine Merkliste erstellt, in der nur die Verhältnisse der Einstellungen ohne Erklärungen dargelegt werden. Am besten schreibst du dir diese Merkliste ab oder druckst sie aus, damit du im Zweifelsfall unterwegs einen Spickzettel dabei hast und immer über die wichtigsten Grundlagen Bescheid weißt.

6.1.) Was ist die Verschlusszeit? Und wann wird welche der Zeiten verwendet?

Die Verschlusszeit oder auch Belichtungszeit bestimmt, wie der Name schon sagt, die Zeit, in der der Verschluss geöffnet wird oder eben anders gesagt das Bild belichtet wird. In dieser Zeit nimmt die Kamera also das Bild auf.
Dabei lässt sich das Ganze mit dem menschlichen Auge vergleichen:
Das Auge ist träge, was bedeutet, dass im Gehirn schnelle Bewegungen unscharf oder verwischt wahrgenommen werden (deshalb ist es auch möglich Videos ohne flimmern wahrzunehmen, obwohl die Bildfrequenz des Videos z.B. nur 20 bis 30 Bilder pro Sekunde entspricht).

Die Kamera ist in diesem Punkt flexibler, denn bei ihr kann die Trägheit je nach Belieben selbst geregelt werden, indem man die Verschlusszeit einstellt. Hierbei sind meist Werte von 30s bis zu 1/8000s möglich. Dieser Maximal- und Minimalwert ist zwar vom Kameramodell abhängig, aber nicht unbedingt für das Fotografieren ausschlaggebend. Denn diese Extremen werden nur allzu selten gebraucht. Außerdem können sie auch nur bei bestimmten Lichtverhältnissen angewendet werden, aber darauf gehe ich gleich nochmal ein.

Umso länger die Verschlusszeit ist, desto „träger“ nimmt die Kamera das Bild auf. Wenn also hingegen relativ schnelle Zeiten verwendet werden, kann ein statisches Motiv locker aus der Hand aus aufgenommen werden, ohne dass es verwackelt aussieht.
Ein wichtiger Faktor spielt dabei die Brennweite. Denn je länger die Brennweite ist, desto stärker werden die kleinsten Bewegungen umgesetzt.
Allgemein gilt: Die Brennweitenlänge entspricht ungefähr der Mindestverschlusszeit für verwacklungsfreie Aufnahmen. „Ungefähr“, da es natürlich noch auf die persönlichen Fertigkeiten ankommt, wie ruhig man die Kamera in den Händen halten kann. Außerdem besitzen viele Kameras Bildstabilisatoren, die den Bewegungen so entgegenwirken, sodass ein ruhigeres Bild entsteht, die somit auch noch die Verschlusszeit um ein paar Zehntel verlängern können. Da es so viele Faktoren gibt, die davon abhängen, wie schnell deine individuelle verwacklungsfreie Verschlusszeit aussieht, testest du es am besten selbst mit deiner Kamera bei verschiedenen Brennweiten aus. Die Verschlusszeit, bei der du das Foto gerade so noch scharf ablichten konntest, ist dementsprechend die aller langsamste Verschlusszeit, die du verwenden solltest, um aus der Hand noch ein scharf belichtetes Foto fotografieren zu können. Am besten verwendest du aber noch die ein oder andere schnellere Verschlusszeitstufe, damit die Chance, letztendlich ein knackscharfes Foto zu erhalten, maximiert wird.

Dabei wirst du ganz sicher bemerken, dass ein scharfes Foto aus der Hand bei einer Belichtungszeit von mehreren Sekunden kaum oder gar nicht möglich ist.
Denn jede kleinste Bewegung, die innerhalb der Belichtungszeit stattfindet, wird mitaufgenommen und sorgt für ein komplett verschwommenes Foto.
In diesen Situationen benötigst du entweder eine stabile Unterlage, auf der du deine Kamera während der Belichtung auflegen kannst oder ein Stativ. Beide Arten sorgen zur Stabilisierung, sodass trotz der langen Belichtungszeit ein scharfes Foto möglich ist.
Die wirklich langen Belichtungszeiten müssen selbstverständlich nachts verwendet werden, da hier die Lichtmenge so gering ist, dass man nur ein hell belichtetes Foto mit einer längeren Verschlusszeit erhält. Ohne Stativ oder Unterlage sind also scharfe Fotos in einer dunklen Umgebung im Normalfall nicht möglich.

Wenn du hingegen sich bewegende Motive fotografieren möchtest, dann spielt es kaum noch eine Rolle, wie unruhig deine Hand ist. Im Gegensatz zu Verwacklungen, die durch unruhiges Halten der Kamera bei zu lang gewählten Verschlusszeiten entstehen, ist bei einer Verschlusszeit von z.B. einer 1/320s meist das Bild scharf, jedoch das sich bewegende Motiv, wie z.B. der Vogel, der durch das Foto fliegt, unscharf.
Hierbei müssen also je nach Schnelligkeit der Bewegung des Motivs sehr hohe Verschlusszeiten von einer 1/600 Sekunde oder sogar einer 1/2000 Sekunde verwendet werden (siehe Beispielfoto).
Eine höhere Verschlusszeit, als wirklich notwendig ist, um das Motiv scharf abzubilden, ist zwar kein Fehler, da man dann wenigstens sicher ein knackscharfes Foto erhält, jedoch muss bei jeder Verschlusszeit immer genug Licht auf den Sensor fallen, um ein ausreichend hell belichtetes Foto zu generieren. Wenn also eine zu hohe Verschlusszeit eingestellt wird, jedoch die Lichtverhältnisse nicht dafür geeignet sind, kann nicht genug Licht auf den Sensor treffen, weshalb dann ein dunkles / unterbelichtetes Foto entsteht.
Um dies zu umgehen, gibt es eine Möglichkeit, die die Lichtempfindlichkeit des Sensors regelt: der ISO-Wert.

6.2.) In welchen Situationen muss der ISO-Wert verändert werden? Welche Nachteile entstehen dabei?

Der ISO-Wert bestimmt die Lichtempfindlichkeit des Sensors. Dabei gilt: Je höher die Zahl, desto lichtempfindlicher wird das Foto aufgenommen, was wiederum zur Folge hat, dass die Verschlusszeit schneller gewählt werden kann. 
D.h. dass trotz schwieriger Lichtverhältnisse schon in einer kurzen Zeit sehr viel Licht aufgenommen werden kann, wodurch das Foto am Ende nicht unterbelichtet bzw. zu dunkel aussieht.

Man könnte jetzt denken, dass es perfekt wäre, immer mit einem relativ hohen ISO-Wert zu fotografieren, da man dann immer hohe Verschlusszeiten und somit ein knackscharfes Foto erhält. Aber manchmal sind diese hohen Verschlusszeiten gar nicht erwünscht (z.B. wenn man gezielt die Dynamik, also die Bewegung mittels Bewegungsunschärfe eines Vogels einfangen möchte).
Und wenn dem nicht so ist, macht ein zu hoher ISO-Wert dem super tollen scharfen Foto einen Strich durch die Rechnung, denn je höher der ISO-Wert eingestellt ist, desto mehr wird jeder einzelne Lichtstrahl verstärkt. Dadurch erhält das Foto je nach Kamera-Art und –Modell mehr oder weniger starke Qualitätsverluste besonders in Hinsicht der Farbqualität, da sich störende Pixel einschleichen. Hierbei ist dann oft von „Bildrauschen“ die Rede (siehe Beispielfoto).

An diesem Punkt muss sich jeder selbst die Fragen nach dem eigenen Anspruch und die Verwendung für das Foto stellen, wie hoch man den ISO Wert maximal stellt. Ein cooler Schnappschuss auf einer Party muss z.B. keine atemberaubende Farbqualität aufweisen. Da ist der Moment eher das Entscheidende. Wenn man also mit gewissen Qualitätseinbußen leben kann, dann kann man ruhig die moderne Technik nutzen und das ISO einfach etwas höher stellen, um dann wenigstens verwacklungsfreie Aufnahmen zu machen oder sogar Bewegungen scharf einzufrieren. Ansonsten hält man den ISO-Wert eben in dem für sich befriedigenden Bereich. 

Sobald viel Licht vorhanden ist, sollte man den ISO-Wert natürlich wieder herunterstellen, damit sich die volle Bildqualität entfalten kann. Allgemein kann man nämlich sagen, dass sich der sehr niedrige ISO-Wert 100 (bei manchen Kameras auch 160 oder 200) am rauschärmsten verhält.

Wenn du schon einen geringen oder sogar den geringsten ISO-Wert eingestellt hast, den deine Kamera zur Verfügung stellt und trotzdem das Bild zu hell abgelichtet werden würde, kann die Blende Abhilfe schaffen.

6.3.) Was macht die Blende? Wann wähle ich möglichst eine geringe Blendenzahl und wann nicht?

Die Blende wird vom Objektiv gesteuert und entscheidet, wie viel Licht letztendlich durch die Linsen auf dem Sensor landet. Je größer die Blende dabei geöffnet wird, desto mehr Licht kann auf den Sensor treffen.
Durch weit geöffnete Blenden kann viel Licht auf den Sensor fallen. Diese werden mit geringen Blendenzahlen beschrieben (wie z.B. f/2.8 oder f/5.6).
Diese verwende ich z.B. gerne, wenn ich schnelle Bewegungen einfrieren möchte, da durch die große Lichtmenge eine schnelle Verschlusszeit gewählt werden kann.
Höhere Blendenzahlen wie z.B. f/11 oder auch f/16 stellen kleinere Öffnungen dar.
Diese verwendet man, um gezielt langsame Verschlusszeiten zu erreichen, um z.B. die Dynamik durch Bewegungsunschärfe einzufangen (siehe Beispielfoto).
Außerdem trägt allgemein gesagt, die Blende zur Veränderung der Schärfentiefe bei.

6.4.) Was versteht man unter Schärfentiefe und wie kann ich sie beeinflussen?

Man fokussiert mit der Kamera einen einzigen Punkt an. Alles, was sich in dieser Schärfeebene (also in der gleichen Entfernung zur Kamera) befindet, wird knackscharf abgebildet. Sich davor, als auch danach befindende Elemente werden je nach Blende auch noch mehr oder weniger scharf abgebildet. 

Je geringer die Blendenzahl eingestellt wird, desto unschärfer wird der Bereich vor und nach der eigentlichen Schärfeebene. 
Im Gegenzug wird natürlich mit einer hohen Blendenzahl ein schärferer Bereich vor und nach der Ebene erzeugt, was dazu führen kann, dass der Hintergrund sogar mit gewissen Voraussetzungen komplett scharf abgebildet wird.
Denn nicht nur die Blende, sondern auch die gewählte Brennweite am Objektiv und die Entfernung zum Motiv, sowie die Entfernung vom Motiv zum Hintergrund spielen bei der Schärfentiefe eine wichtige Rolle.

Um z.B. einen sehr unscharfen Hintergrund zu erreichen (siehe Beispielfoto), wählst du am besten die geringste Blendenzahl* und die höchste Brennweite, die dein Objektiv zur Verfügung stellt. Außerdem sollte der Abstand vom Objektiv zum Motiv relativ klein sein. Ein kleiner, aber wichtiger Tipp ist auch, sich am besten einen Hintergrund zu suchen, der sich nicht gleich hinter dem Motiv, sondern am besten weit weg davon befindet und möglichst keine störenden Elemente (wie z.B. markante Äste) enthält.

Für einen schärferen oder sogar scharfen Hintergrund sind natürlich genau die gegenteiligen Einstellungen und Verhältnisse verantwortlich.

Es muss natürlich nicht jedes der oben genannten Kriterien erfüllt werden, um einen unscharfen / scharfen Hintergrund zu erreichen, jedoch wird der Effekt mit zunehmender Erfüllung verstärkt.

*Die geringste Blendenzahl verursacht jedoch auch eine geringe Schärfentiefe, weshalb man in Kauf nehmen muss, dass z.B. nicht die komplette Blüte scharf abgelichtet wird, was man aber wiederum auch für sich nutzen kann.